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  • AutorenbildNadia Qaud

Nomaden

Aktualisiert: 21. März 2020


Um die ganze Welt zieht gerade der Corona-Virus. Gedankensplitter dazu.

Auf der Reise um die Welt

Und plötzlich ist die Welt eine andere. Die Corona-Pandemie stellt alles auf den Kopf. Der Virus zieht um die ganze Welt und macht unserem Nomadendasein ein Ende. Gesetzliche Empfehlungen und die Angst vor Ansteckung mit dem Virus sperren uns ein. Die Flucht in die üblichen Aktivitäten ist uns versagt. Fitnesscenter. Schwimmbäder. Shoppen. Essen gehen. Etwas trinken. Freunde in der Bar treffen. Reisen.


Nomaden im Alltag

In unserem bisherigen Leben ist in Bewegung zu sein und frei zu entscheiden, wo man hingehen möchte, die Normalität. Ein freiwilliges Nomadendasein im Alltag. Wir ziehen von Ort zu Ort. Nehmen wir uns noch die Zeit, die Welt wahrzunehmen? Auf Reisen schon, um bewaffnet mit Fotos zurückzukehren und die Schönheit der Welt lobpreisen zu können. Wir haben all die Sehenswürdigkeiten gesehen, manchmal ausschliesslich durch die Linse der Kamera. Haben wir sie gespürt? Waren wir mit dem Ort verbunden, bevor wir uns weiterbewegt und das nächste Ziel anvisiert haben?

Manchmal nehmen wir uns die Zeit. Nur manchmal. Und dann gelingt es – selbst mir – anzukommen. In mir. Schrittweise. Achtsam. Der Beginn ist immer die erhöhte Wahrnehmung meines Körpers. Ich flüchte dann nicht mehr vor mir selbst und meinen Gedanken. Es ist wie ein Abschied vom Nomadendasein und ein Ankommen in mir selbst. Hallo Ich! Es wird dann ruhig im Karussell meiner Gedanken. Ich werde irgendwie leer. Und gleichzeitig spüre ich mehr innere Fülle. Diese Momente zu erleben, ist ein Geschenk. Auftanken am Selbst. Ich kann es meist am Wasser. Mit Sonne. Weit weg vom Alltag.

Quarantäne – oder Verweilen?

Und jetzt? Wie soll es mir gelingen, diese Stille zu erreichen, wenn ich quasi in Quarantäne mit mir bin und die äusseren Impulse fehlen. Die Menschen und ihre Geschichten. Die Orte und ihre Geschichte. Die Welt findet plötzlich in mir und meiner nächsten Umgebung statt. Die erwachenden Blüten des Mandelbaums im Nachbarsgarten winken nicht nur den Bienen zu. Der farbenfrohe Teppich aus Primeln und Krokussen leuchtet im Sonnenschein für mich. Ich entferne die braunen, vertrockneten Herbstblätter und freue mich an der Reinheit des Neuanfangs. Der Frühling kann spriessen. Sich ausbreiten. Und ich spüre ihn - so deutlich wie schon lange nicht mehr. Denn ich bin hier und nicht unterwegs. Nicht einmal eine neue Reise ist planbar, denn die Situation ist nicht abschätzbar. Bleiben ist angesagt. Das grenzenlose Reisen hat ein Ende. Die Staaten schotten sich ab. Um den Virus daran zu hindern von Ort zu Ort zu hüpfen, sollen die Menschen auf Geheiss der Regierung zu Hause bleiben. Verweilen.


Dünger für unser Wachstum

Nur über die Zeit können Menschen verwurzeln und wachsen. Wenn sie, baumgleich, irgendwo bleiben. Irgendwo hingehören. Doch wo gehören wir hin, wenn wir schneller als unsere Seele um den Globus jetten? Ist unser Geburtsort unsere Heimat? Ist es der unserer Eltern und Verwandten? Sind wir dort zuhause, wo wir die Schule besucht haben? Oder da, wo uns Freundschaftsbande halten? Ist es der Partner, der uns das Gefühl gibt, angekommen zu sein? Geben die Kinder uns Halt? Sind es Haus und Herd? Die Landschaft? Das Land? Die Menschen? Die Kultur oder das Wesen des Landes?

Was bedeutet "Heimat" für Sie persönlich? Ich glaube, dass alles zutrifft. Für die einen sind der Ort und die Wurzeln der Dünger für ihr Wachstum, für die anderen sind es die Menschen. Und für Nomaden ist die tägliche Erneuerung der entscheidende, haltspendende Aspekt, sich in Bewegung zu setzen und das Unbekannte zu umarmen. Und wenn ihnen langweilig wird, packen die Nomaden ihre Zelte zusammen. Auf zu neuen Ufern. Zu neuen Welten... Menschen... Endlose, uneingeschränkte Freiheit - nicht nur in ihrem Kopf.



Globalisierung – das Nomadentum der Wirtschaft

Die Globalisierung hat die Wirtschaft verknüpft. Die Völker durchmischt. Wir haben die Welt in einen betriebsamen Ameisenhaufen verwandelt und alle Strassen führen überall hin. Per See- und Luftfracht transportieren wir die Container weiter, sobald die Strassen enden. Wie Heuschrecken verteilen wir uns über die Kontinente. Standortfaktoren bestimmen wohin die Arbeit verlagert wird, das Wachstum stattfindet. Expansion ins Unendliche. Wohlstand und Profit. Güter umreisen die Welt. Wir handeln. Verhandeln. Lassen Warenströme fliessen. Maximieren Gewinne. Und den Respekt vor anderen Werten haben wir häufig aus den Augen verloren. Der Virus ist die Greta ohne Zöpfe. Ihm gelingt konsequent und in atemberaubender Geschwindigkeit, was Klimakonferenzen und Klimastreiks nicht fertig gebracht haben. Ein grüneres, klimafreundliches Leben in Ruhe. Vor Ort. Ohne unnötige Reisen.

Bleib einfach mal ruhig auf deinem Hinterteil sitzen, pflegte meine Mutter zu sagen, wenn ich quirlig durch die Wohnung rannte oder mit dem Stuhl wippte. Das tun wir jetzt alle. Wir sitzen fest, müssen still sitzen.

Stärke fürs Immunsystem

Wie könnten wir die Situation – maximal gewinnbringend – nutzen? Ich habe begonnen zu putzen. Räume aus. Schubladen. Schubladen im Kopf. Meine Gedanken. Immer mal wieder fünf Minuten, um mich und meinen Körper zu spüren. Noch bin ich viel am Handy. Bildschirmzeit minimieren. Zeit für mich maximieren. Ich gehe mehr spazieren, denn Sonnenlicht heilt und produziert Vitamin D im Körper, welches wiederum das Immunsystem stärkt. Beim Spazierengehen sehe ich in mehreren Gärten Menschen um einen Tisch sitzen, Gläser in der Hand, miteinander redend. Dank der Empfehlung der Regierung zu Hause zu bleiben und der Schulschliessungen werden Familienbande gestärkt. Vielleicht auch überlastet, aber in der Ruhe liegt die Kraft. Holt sie euch, diese Ruhe.

Lachen und Streicheleinheiten stärken das Immunsystem. Die Nerven relaxen umso besser, je langsamer die Berührung ist. Fahrt mit Fingerspitzengefühl im Zeitlupentempo über den Körper des anderen. Überall. Erkundet. Sanft. Geniesst, was erlaubt ist. Mit dem von der Regierung empfohlenen Sicherheitsabstand von zwei Metern wird es etwas schwierig, sich gegenseitiges Streicheln zu gönnen. Wer weiss, vielleicht wird 2020 dennoch zu einem geburtenstarken Jahr.

Verbunden trotz Mindestabstand

Heb Dir Sorg. Pass auf dich auf. Das sagen wir jetzt zu unseren Nächsten, Freunden und Verwandten. Jetzt ist angesagt aufeinander zu achten und Rücksicht zu nehmen. Wir respektieren mit dem Mindestabstand die Gesundheit der ganzen Gesellschaft. Bleibt zu Hause, wenn ihr könnt. Lasst Sorgen und Klopapier liegen und sorgt füreinander. Seid dankbar und zeigt es all denen, die helfen, heilen und die Grundversorgung aufrecht erhalten. Schätzt die wertvollen Dinge im Leben– die Verbundenheit, Hilfsbereitschaft und das Gefühl, wir schaffen es – miteinander. Bleibt stehen und seid ihr selbst. Ob Nomade oder heimatverbunden, ob mit oder ohne Zelt, nehmt euch die Zeit. Verweilt und umarmt die schönen Augenblicke. Auch wenn der Virus, wie ein Nomade, schon längst über alle Berge gezogen ist…

 

Danke für die Inspiration durch Beat, Birgitta, Bouqui, Deepak Chopra, Doris, Heidi, Johann Wolfgang Goethe, Kathrin, Kerstin, Seema und mein Leben.

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